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  • AutorenbildAntje Bek

Der heilige Sankt Martin: Pflicht- und Mitgefühl



Am 11. November jeden Jahres wird traditionell "St. Martin" gefeiert, ein Fest zu Ehren des gleichnamigen Heiligen. Kinder tragen singend ihr Licht in die Dunkelheit der hereinbrechenden Nacht. Das Licht in der Laterne ist verhüllt, die Nächte werden länger, die äußere Finsternis nimmt zu. In dieser dunkelsten Jahreszeit kann unser inneres Licht immer kräftiger in "der Sinne Dumpfheit“[1] leuchten. Bildlich können wir die Steigerung inneren Lichtes an den dann unverhüllten Flammen der Kerzen auf dem Adventskranz erleben, welches sich schließlich Heilig Abend mit den Kerzen am Weihnachtsbaum in ganzer Pracht zeigt und uns wärmt.


Der Gesang der Kinder während der Martinsumzüge kann das Dunkel, das sich in dieser Jahreszeit auch in unserer Seele breit machen möchte, vertreiben und Hoffnung auf eine lichtere Zeit wecken, die im Jahreslauf nach der Wintersonnenwende (21. Dezember) beginnt. Am Anfang der nun wieder heller werdenden Zeit steht am 24. Dezember das Weihnachtsfest, das uns an die Geburt des Jesuskindes erinnern möchte.


Die Martinslegende

Zum Martinsfest wird gerne die Legende vom heiligen Martin erzählt oder mit den Kindern gesungen, sie kann aber auch uns Erwachsenen in der vor uns liegenden Zeit Wegweiser sein:


Martinus wurde um 316 n.Chr. in Sabaria, der damaligen Hauptstadt der Provinz Panonia geboren. Sein Vater, ein römischer Offizier, schickte Martin mit 15 Jahren zum Militär, denn für Söhne römischer Soldaten galt das Gebot den Dienst ihrer Väter fortzuführen. Obwohl Martin zu diesem Zeitpunkt bereits zum christlichen Glauben gefunden hatte, wollte er sich diesem Dienst aufgrund seiner unbedingten Pflichtreue nicht entziehen. Eines Abends ritt er mit anderen römischen Offizieren auf die Garnisonsstadt Amiens zu. Es war eiskalt und am Brückentor tauchte aus der Dunkelheit eine Gestalt auf, die arm und zerlumpt mit wenigen Fetzen bekleidet war. Bittend streckte der Bettler die Hand zu den Reitern aus, die ihn jedoch nicht beachteten. Martinus, der etwas zurückgeblieben war, ritt jedoch auf den Bittenden zu. Da er an diesem Abend keine Münzen mit sich trug, die er dem Bettler geben konnte, teilte er mit scharfer Klinge seinen großen, schweren Mantel in zwei Teile. Den einen Teil reichte er dem Bettler, die andere Hälfte hängte er sich selbst um. In der darauffolgenden Nacht erschien ihm der Christus im Traum und sprach zu ihm.


Martinslied[2]

St. Martin, St. Martin, St. Martin lag in tiefem Traum, da tritt der Bettler in den Raum. St. Martin sieht ein helles Licht, der Bettler zu St. Martin spricht:

Sankt Martin, Sankt Martin, St. Martin hört des Bettlers Wort, ich komm von einem anderen Ort. Ich komm vom hohen Himmelszelt, ich bin der Herr von dieser Welt.


Martin entschloss sich daraufhin sich taufen zu lassen und bat um Entlassung aus dem Militärdienst, was ihm jedoch erst nach einigen Jahren gestattet wurde.


Warum gibt Martinus nicht den ganzen Mantel?

Was hat es nun mit diesem Mantel und dem Teilen desselben auf sich? Der Mantel war das einzige Kleidungsstück, das einen römischen Offizier von einem einfachen Söldner unterschied, also auch ein Statussymbol. Martinus wird sich vor seinen Kameraden lächerlich gemacht haben, als er mit dem halben Mantel nach Hause reiten musste. Als pflichtbewusster Offizier wusste er zudem, dass er mit dem Zerteilen des Mantels ein Dienstvergehen begangen hatte, da er Eigentum des Römischen Heeres zerstört hatte. Es gibt Quellen, die davon ausgehen, dass er anschließend zur Strafe in Arrest gehen musste. Man kann sich auch fragen, warum er nur eine Hälfte und nicht den ganzen Mantel dem Bettler gegeben hatte. Diesbezüglich gibt es Vermutungen, dass die Hälfte der Ausrüstung dem römischen Heer gehörte, die andere dem Soldaten. Die ihm gehörige Hälfte wollte Martin dem Armen geben.


St. Martin als Vorbild

Der heilige Martin kann zum Vorbild werden für Mitgefühl, das den anderen Menschen in seiner Not und Hilfsbedürftigkeit wahrnimmt und zur helfenden Tat schreitet. Mitgefühl, das den Mitmenschen nicht aufgrund geltender Regeln, Vorschriften oder Meinungen im Stich lässt, sondern Mit-Menschlichkeit über diese stellt, auch wenn sich daraus persönliche Nachteile ergeben mögen. Bei aller Finsternis, die sich in der aktuellen Zeit um uns ausbreiten will, gibt sie doch auch Gelegenheit diese Qualität des Mitgefühls, die der heilige Martin vorgelebt hat, zu vertiefen und zu üben.

[1] Aus dem Seelenkalender – 1. Novemberwoche Das Licht aus Geistestiefen, Nach außen strebt es sonnenhaft, Es wird zur Lebenswillenskraft. Und leuchtet in der Sinne Dumpfheit, Um Kräfte zu entbinden, Die Schaffensmächte aus Seelentrieben Im Menschenwerke reifen lassen. Rudolf Steiner, GA 40

[2] Martinslied – Liedtext 1. St. Martin, St. Martin, St. Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Roß, das trug ihn fort geschwind. St. Martin ritt mit leichtem Mut, sein Mantel deckt ihn warm und gut. 2. Im Schnee, im Schnee saß, im Schnee da saß ein armer Mann, hatt' Kleider nicht, hatt' Lumpen an. O helft mir doch in meiner Not, sonst ist der bittre Frost mein Tod! 3. St. Martin, St. Martin, St. Martin zog die Zügel an, sein Roß stand still beim armen Mann, St. Martin mit dem Schwerte teilt den warmen Mantel unverweilt. 4. St. Martin St. Martin, St. Martin gab den halben still, der Bettler rasch ihm danken will. Sankt Martin aber ritt in Eil' hinweg mit seinem Mantelteil. 5. St. Martin, St. Martin, St. Martin lag in tiefem Traum, da tritt der Bettler in den Raum. St. Martin sieht ein helles Licht, der Bettler zu St. Martin spricht: 6. Sankt Martin, Sankt Martin, St. Martin hört des Bettlers Wort, ich komm von einem anderen Ort. Ich komm vom hohen Himmelszelt, ich bin der Herr von dieser Welt. Christiane Kutik, Eva-Maria Ott Heidmann, Das Jahreszeitenbuch, Stuttgart 1987, S. 218 f.

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